Dr. Katja Flinzner
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im E-Commerce ist die Vertrauensbildung. Ohne das Vertrauen, dass hinter deinem Shop ein seriöses und funktionierendes Angebot steckt, werden aus Besuchern keine Kunden
Was für vertrauensbildende Maßnahmen du für deinen Shop ergreifen kannst, haben wir bereits in einem früheren Artikel zusammengefasst. Einer der dortigen Tipps war auch: Persönlichkeit zeigen. Aber wie geht das genau? Und steckt da noch mehr dahinter als „nur“ die Vertrauensbildung?
Professionalität, Seriosität - alles wichtig, ja. Doch aalglatte 08/15-Stores gibt es schon genug dort draußen. Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für die Persönlichkeit brechen. Für einen Umgang von Mensch zu Mensch - auch im E-Commerce. Denn das macht nicht nur mehr Spaß, das ist auch gut für's Geschäft.
Wer Persönlichkeit zeigt, verrät etwas über sich. Das allein ist schon der erste Schritt zur Vertrauensbildung, denn es beinhaltet einen gewissen Vertrauensvorschuss: Ich verrate dir etwas von mir und vertraue darauf, dass du damit vernünftig umgehst. Wenn du als Händler diesen ersten Schritt machst, erleichterst du es deinen Kunden damit, ihrerseits etwas über sich zu verraten. Punkt für dich.
Vertrauen und vielleicht sogar Sympathie bringen wir eher Menschen als Unternehmen entgegen. Zeige deinen Kunden deshalb, dass sie es mit Menschen zu tun haben.
Wenn du ein eher kleines Unternehmen bist, kannst du diesen vermeintlichen Nachteil an dieser Stelle nämlich sehr schnell zum Vorteil machen. Denn dann dürfte es dir leichter fallen, deiner Außendarstellung ein persönliches, authentisches Gesicht zu geben.
Ganz pragmatisch und ganz simpel: Zeige deinen Kunden, mit wem sie es zu tun haben. Ein Foto von dir – oder von den Mitarbeitern deines Kundenservice – kann Wunder wirken. Die immer gleichen Pool-Fotos von antiseptisch lächelnden Telefonistinnen will nun wirklich niemand mehr sehen. Zu wissen, mit wem man es am anderen Ende der Leitung tatsächlich zu tun bekommt, senkt die Hemmschwelle und intensiviert die Beziehung. Also: Fotos her!
Fotos von deinen Mitarbeitern machen ein Telefonat gleich viel persönlicher. Wenn die Kollegen an deiner Hotline während des Gesprächs eine vermeintlich höfliche Floskel nach der anderen herunterleiern, ist die gewonnene Persönlichkeit aber gleich wieder zunichte gemacht.
Lass deine Mitarbeiter Menschen sein, keine Servicemaschinen. Menschen machen nicht alles perfekt, das müssen sie aber auch nicht. Menschen verhaspeln sich mal und machen Fehler. Das ist OK, das macht sie menschlich. Wenn sie damit selber locker umgehen können, weil sie nicht befürchten müssen, dass ihnen daraus ein Strick gedreht wird, kann aus einer Unachtsamkeit oder einem falsch verstandenen Namen sogar eine amüsante Situation entstehen, über die man gemeinsam lachen kann. Einen schnelleren Weg in die Herzen deiner Kunden wirst du nirgends finden.
Gib deinen Mitarbeitern also die Möglichkeit und die Freiheit, so zu sein, wie sie sind. Viel wichtiger als aalglatte, antrainierte Freundlichkeit ist, dass der Mensch am Telefon hinter dem steht, was er tut. Und natürlich, dass er weiß, wovon er spricht, aber das sollte eigentlich selbstverständlich sein.
Nicht nur am Telefon, auch per E-Mail ist eine persönliche Kommunikation Gold wert. Selbstverständlich dürfen Bestellbestätigung und Versandmitteilung automatisiert mit dem immer gleichen Text verschickt werden, alles andere wäre realitätsfremd. Aber vielleicht gelingt es dir ja, den dort verwendeten Standardtext nicht zu abgedroschen zu formulieren, sondern etwas von deiner (Unternehmens-)Persönlichkeit mit einzubringen? Aus der Masse herauszustechen und deinen Kunden vielleicht sogar ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, kann nicht verkehrt sein.
Spätestens, wenn deine Kunden mit konkreten, individuellen Fragen kommen, solltest du diese auch konkret und individuell beantworten. Der übermäßige und – schlimmstenfalls – vorschnelle Gebrauch von Textbausteinen ist das Ende jeder persönlichen Kundenbeziehung. Textbausteine können im richtigen Moment und an der richtigen Stelle hilfreich sein, schließlich müssen wir das Rad nicht jeden Tag neu erfinden. Deine Mitarbeiter sollten aber immer die Möglichkeit und auch die Zeit haben, auf individuelle Anfragen individuell einzugehen. Egal auf welchem Kommunikationsweg.
Damit das alles überhaupt funktioniert, ist eine Voraussetzung ganz wichtig: Sei authentisch. Sei, was du wirklich bist – als Unternehmer genauso wie als Unternehmen. Wenn du deinen Kunden eine virtuelle, imaginäre Persönlichkeit vorgaukelst, mangelt es der nicht nur an Charme und Überzeugungskraft, sie aufrechtzuerhalten kostet auch jede Menge Energie. Dein „Außenauftritt“ sollte also zu dir, deinem Unternehmen und deinen Mitarbeitern passen. Wer sich täglich verstellen muss, ist nicht authentisch. Und damit in letzter Konsequenz auch nicht persönlich.
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Artikel ursprünglich veröffentlich 01.08.2016.