Dr. Katja Flinzner
Online verkaufen, auch über Ländergrenzen hinweg? Aber sicher doch! Dass man beim E-Commerce im Ausland auch viele rechtliche und steuerliche Aspekte zu beachten hat, merken Shopbetreiber allerdings schnell. Eines der zentralen Themen ist dabei die Umsatzsteuer, denn deren Behandlung hat die ein
Einer der großen Vorteile des E-Commerce im Vergleich zum stationären Handel ist der, dass der erreichbare Markt nicht lokal und regional begrenzt ist und sogar an Ländergrenzen theoretisch nicht haltmachen muss. Doch ganz ohne Anpassungen funktioniert der grenzüberschreitende Online-Handel dann halt doch nicht. Ein Thema, bei dem besonders viele Unsicherheiten bestehen, ist die Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer.
Übrigens: Die folgenden Ausführungen gelten im Prinzip für alle EU-Länder. Damit die Beispiele besser nachvollziehbar bleiben, haben wir uns darin auf Österreich konzentriert, das zu den interessantesten Märkten für deutsche Shopbetreiber gehört.
Fangen wir einfach an: Wer von Deutschland nach Österreich verkauft, darf auf der Rechnung ENTWEDER die deutsche ODER die österreichische Mehrwertsteuer ausweisen. Keinesfalls beide. Soweit klar, oder?
Zunächst mal ist bei der Lieferung in andere EU-Länder zu unterscheiden, ob an Privatpersonen oder an gewerbliche Kunden geliefert wird.
Bei der Lieferung an gewerbliche Kunden kannst du die Rechnungen ohne Umsatzsteuer stellen, der Kunde muss dann die Umsatzsteuer gemäß dem sogenannten Reverse-Charge-Verfahren im Zielland selber abführen. Voraussetzung dafür ist, dass auf der Rechnung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UStIDNr.) des gewerblichen Empfängers notiert wird. Die Richtigkeit der Umsatzsteueridentifikationsnummer eines Kunden solltest du dir vom Bundeszentralamt für Steuern bestätigen lassen. Das geht zum Beispiel hier.
Achtung: Bei einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung musst du seit 2013 nachweisen können, dass die Ware auch tatsächlich am Bestimmungsort angekommen ist. Dafür brauchst du eine sogenannte Gelangensbestätigung. In den meisten Fällen dürften dafür ordentliche Versandpapiere ausreichen. Im Zweifelsfall lass dir vom Empfänger eine Bestätigung ausstellen, dass er die Ware am benannten Zielort erhalten hat.
Bei Verkäufen an Privatpersonen im EU-Ausland muss die Mehrwertsteuer ausgewiesen werden – aber welche?
Grundsätzlich darfst du als Händler bei Lieferungen ins EU-Ausland selbst entscheiden, welchen Umsatzsteuersatz du ansetzt – den aus dem eigenen Land (Ursprungsland) oder den am Wohnsitz des Verbrauchers (Zielland). Wählst du das Zielland, wirst du auch dort umsatzsteuerpflichtig. Diese Entscheidung bindet dich für zwei Jahre.
Achtung: Selbst entscheiden kannst du aber nur, solange du mit deinem Jahresumsatz gewisse Schwellenbeträge nicht überschreitest. Die sind von Land zu Land sehr unterschiedlich, sodass die Buchhaltung hier den Überblick behalten muss. Für Österreich liegt der Schwellenbetrag derzeit bei 35.000 EUR.
Sobald du im laufenden Kalenderjahr mit dem in einem anderen EU-Land erzielten Umsatz den dort geltenden Schwellenbetrag überschreitest, brauchst du eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im betreffenden Land und musst die Umsatzsteuer dort abführen. Dies ist in der sogenannten Versandhandelsregelung festgelegt.
Das bedeutet aber auch, dass du zum Beispiel für alle nach Österreich verkauften Artikel jetzt 20% Umsatzsteuer abführen musst, bzw. 10% für Produkte mit reduzierter Umsatzsteuer. Und diese für deine österreichischen Kunden auch im Shop ausgewiesen werden müssen.
Hast du mit deinem Online-Shop einmal den Schwellenbetrag für ein anderes EU-Land überschritten, musst du auch im Folgejahr die Umsatzsteuer im Zielland abführen.
Dabei gilt: Kommst du zum ersten Mal über den Schwellenbetrag, wirst du erst ab der Lieferung, mit der der Betrag überschritten wird, im Zielland umsatzsteuerpflichtig. Im Folgejahr dagegen musst du dann bereits ab der 1. Lieferung die Umsatzsteuer im Zielland abführen. Wie bei der freiweilligen Entscheidung für die Besteuerung im Zielland bindet dich also ein Überschreiten des Schwellenbetrags auch für zwei Jahre.
Auch wenn du dich für die Besteuerung nach deutschem Recht entscheidest, ist das nicht für alle Arten von Produkten möglich. Werden auf die verkauften Produkte (etwa bei Tabak oder Alkohol) am Wohnsitz des Verbrauchers produktspezifische Abgaben erhoben, dann müssen sowohl die Abgaben als auch die Mehrwertsteuer nach den geltenden Regeln des Ziellandes berechnet werden. Du solltest dich also vorher gut informieren, ob die von dir vertriebenen Produkte im Zielland unter eine entsprechende Abgabenverordnung fallen.
Wer „elektronisch erbrachte Leistungen“ an Privatpersonen verkauft, muss seit dem 01.01.2015 neue umsatzsteuerliche Regelungen berücksichtigen. Davon betroffen sind zum Beispiel E-Books, Film-, Software- oder Musikdownloads, Streaming-Angebote, oder SaaS-Dienste, kostenpflichtige Datenbanken oder Portale sowie Hostingangebote. Für solche digitalen B2C-Geschäfte muss seit 2015 die Umsatzsteuer in dem Land abgeführt werden, in dem der Kunde seinen Wohnsitz hat.
Anders als beim Versand von Waren gilt dies aber bereits ab dem ersten Euro. Um vor allem kleineren Händlern diese Aufgabe zu erleichtern, wurde eine sogenannte „Kleine Einzige Anlaufstelle“ (KEA, MOSS) eingerichtet, an die sämtliche mit den genannten Leistungen im EU-Ausland erzielten Umsätze gesammelt gemeldet werden können. Auch die Zahlung der einbehaltenen Mehrwertsteuer erfolgt an die KEA, die dann sowohl Meldung als auch Zahlungen an die entsprechenden Stellen in den übrigen EU-Mitgliedsstaaten weiterleitet.
Die zum 01.01.2015 in Kraft getretenen Änderungen gelten auch für Kleinunternehmer, denn deren Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht gilt nur innerhalb Deutschlands. Beim Verkauf elektronisch erbrachter Leistungen an Privatpersonen in anderen EU-Ländern müssen also auch Kleinunternehmer die jeweils im Zielland geltende Umsatzsteuer abführen.
Die unterschiedlichen Steuersätze in der Praxis zu handhaben, ist ein komplexes Thema.
Spätestens jetzt ist der Punkt erreicht, an dem du mit einem einheitlichen Online-Shop unter einer internationalen Domain Probleme bekommst. Denn bei einheitlichen Endpreisen für alle Länder – und im B2C-Geschäft musst du im Shop Endpreise inklusive Mehrwertsteuer angeben – fallen deine Gewinnmargen je nach Steuersatz sehr unterschiedlich aus.
Da auch die Zuordnung von Produkten zu den verschiedenen Steuersätzen nicht in allen Ländern gleich ist, können die Unterschiede schon mal dramatisch sein. Und wenn du die Endpreise je nach Wohnsitz des Kunden anpassen möchtest, müssen zusätzliche Abfragen her, die nicht nur technischen Aufwand bedeuten, sondern auch die Usability des Shops beeinträchtigen.
Ein auf das jeweilige Zielland abgestimmter, lokalisierter Online-Shop ist in der Regel die einzige sinnvolle Möglichkeit, diesen steuerlichen Anforderungen zu entsprechen und unterschiedliche Steuersätze zu berücksichtigen.
Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick über die Grenzen der EU. Wer in die Schweiz versendet, kann grundsätzlich Rechnungen ohne Mehrwertsteuer ausstellen. Wichtig ist dabei aber: Damit eine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vorliegt, musst du auch hier als Händler nachweisen können, dass die Ware tatsächlich im Nicht-EU-Ausland angekommen ist.
Versandbelege, Frachtbriefe oder Einlieferungsscheine solltest du deshalb zusammen mit der Rechnung aufbewahren. Außerdem muss auf der Rechnung auf die Umsatzsteuerfreiheit der Lieferung hingewiesen werden (z. B. mit der Ergänzung „umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung“).
Bestellungen im Ausland sind für den Empfänger in der Schweiz trotzdem zoll- und mehrwertsteuerpflichtig.
Übrigens: Entscheidend ist in all diesen Fällen die Lieferadresse der Ware, denn die Besteuerung folgt immer dem Warenweg. Das heißt: Wenn ein Endkunde zum Beispiel eine Rechnungsadresse in der Schweiz angibt, aber seine Lieferung nach Österreich schicken lässt, muss auf der Rechnung ganz normal die Umsatzsteuer berechnet und ausgewiesen werden. Bei gewerblichen Kunden mit UStIDNr. käme in diesem Fall das Reverse-Charge-Verfahren zum Einsatz. Dass die Rechnungsadresse in der Schweiz liegt, begründet noch keine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung, wenn die Lieferung de facto ins EU-Ausland gegangen ist.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich im Dezember 2014 publiziert, dies ist eine im Sommer 2016 aktualisierte Version.
Wir freuen uns über eure Fragen und Kommentare. Bitte beachtet dabei aber, dass wir als Nicht-Juristen zu Rechtsfragen keine Einzelfallberatung durchführen dürfen.
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