Dr. Katja Flinzner
Bitcoin als Zahlungsmittel im Online-Shop? Warum nicht? Wir verraten euch, was euch das bringen kann und worauf ihr dabei achten müsst
Sind Bitcoins eine Währung? Die Europäische Zentralbank meint, nein – dennoch kann man damit bezahlen. Zum Beispiel bei Expedia (.com, nicht .de) oder bei Dell. Seit wenigen Tagen auch im reddit market und demnächst wohl auch bei Rakuten. Und zumindest in den USA und in Australien kann man sogar Pizza damit bestellen. Dabei ist das digitale Zahlungsmittel nicht unumstritten, und auch technische Probleme sorgen hier und da für Rückschläge. So zum Beispiel bei WordPress.com, die als einer der ersten größeren Anbieter bereits seit 2012 Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptierten - dort wurde Anfang des Jahres aus technischen Gründen die Bitcoin-Zahlungsmöglichkeit im Checkout wieder deaktiviert.
Auch wenn Bitcoin also zweifelsohne noch in der Experimentierphase steckt, ist die Zahlungsmöglichkeit durchaus eine interessante Option für Shopbetreiber. Wir haben uns Bitcoin für euch einmal näher angeschaut und verraten euch, was ihr davon für Vorteile habt – und was ihr beim Einsatz beachten müsst.
Einer der deutlichsten Pluspunkte von Bitcoin sind zweifelsfrei die niedrigen Transaktionskosten. Während man für Kreditkartenclearing in der Regel mit Transaktionskosten von mindestens 2 bis 3 % rechnen muss, nehmen sich die Gebühren der Bitcoin-Provider durchaus fair aus: Coinbase beispielsweise berechnet pro Überweisung 0,15 US-Dollar und für den Währungsumtausch einen Umtauschsatz von 1 %. Der Umtausch der ersten Million (!) US-Dollar ist allerdings kostenfrei – ebenso wie (seit Sommer 2014) sämtliche Dienste für Non-Profit-Organisationen. Zum Start kostet das Anbieten von Bitcoin über Coinbase also bei täglicher Überweisung etwas mehr als 4 EUR pro Monat.
Bei Bitpay gibt es den „Free Plan“ sogar gänzlich kostenlos – mit unbegrenztem Transaktionsvolumen, direkter Umrechnung und täglicher Überweisung. Für mehr Support und eine Buchhaltungsschnittstelle (Quickbooks) muss man dafür etwas tiefer in die Tasche greifen.
Der Kryptowährung Bitcoin haftet zweifelsohne noch etwas ziemlich Nerdiges an. Das mag Otto Normalverbraucher häufig noch vom Nutzen abhalten – macht aber nichts. Schließlich wollt ihr ja nicht alle anderen Zahlungsarten aus dem Shop werfen – oder? Wer von der Peer-to-Peer-Währung überzeugt ist, ist aber aufgrund der doch noch eher sparsamen Akzeptanz häufig auf der Suche nach Shops, in denen er seine Coins loswerden kann. Als Marketing-Aufhänger lässt sich die Integration von Bitcoin-Schnittstellen also derzeit ganz gut nutzen. Ihr seid der erste Handtaschen-Shop, der Zahlungen in Bitcoin akzeptiert? Dann macht ruhig kräftig Werbung damit.
Im Gegensatz etwa zu Lastschriftzahlungen sind Bitcoin-Zahlungen unumkehrbar – sobald sie von genügend Teilnehmern des Peer-to-Peer-Netzwerks bestätigt worden sind. Je mehr Bestätigungen, desto verbindlicher wird die Zahlung. Der Nachteil: Es kann bis zu einer Stunde dauern, bis die Transaktion die häufig empfohlene Anzahl von 6 Bestätigungen erhalten hat und als verbindlich gilt. Der Vorteil: Wenn die Bestätigungen einmal da sind, kann der Zahlende die Transaktion nicht mehr rückgängig machen. Für den Händler bedeutet das eine höhere Sicherheit.
Auch wenn ein Einsatz im stationären Handel bspw. über QR-Codes problemlos möglich ist: Die Zahlung via Bitcoin läuft gänzlich digital ab. Das heißt auch: Entfernung ist kein Problem. Da Bitcoin außerdem nicht an spezielle Banken oder Märkte gebunden ist, ist die Währung grenzenlos überall auf der Welt einsetzbar. Perfekt also für den grenzüberschreitenden, internationalen eCommerce.
Klingt gut? Ihr glaubt, Bitcoin könnte etwas für euren Shop sein? Dann solltet ihr die folgenden Punkte beachten:
In Deutschland ist der Verkauf von Bitcoins derzeit umsatzsteuerpflichtig. Das ist im Vergleich zu anderen Ländern ein echter Wettbewerbsnachteil – wenn ihr selber Bitcoins haltet. Dieser Faktor lässt sich aber ganz einfach umgehen, indem ihr einen Payment Provider im Ausland wählt, der erhaltene Bitcoin-Zahlungen sofort in eine FIAT-Währung, also zum Beispiel in Euro umtauscht. Wenn die Zahlungen auf eurem Konto in Euro ankommen, könnt ihr sie steuerlich genauso handhaben wie alle anderen Zahlungen auch.
In dieser Hinsicht empfehlenswerte Anbieter sind beispielsweise die bereits oben genannten Coinbase oder Bitpay. Beide haben sich auch bereits so am Markt etabliert, dass es schon so manche Anbindungen für gängige Shopsysteme gibt: etwa für die SaaS-Lösung VersaCommerce, Prestashop oder commerce:seo.
Möglicherweise reicht bald auch schon die Nutzung von PayPal, um Bitcoin-Transaktionen für seine Kunden möglich zu machen. Seit September 2014 arbeitet PayPal nämlich mit Coinbase, Bitpay und GoCoin zusammen. Allerdings sind PayPals Schritte in Richtung Bitcoin bislang eher kleine: Die virtuelle Währung kann nur beim Verkauf digitaler Güter und nur in Nordamerika eingesetzt werden.
Wir haben es schon erwähnt: Bitcoin ist in der Experimentierphase. Dazu gehört auch, dass die virtuelle Währung extrem volatil ist. Das heißt: Der Kurs einer Bitcoin unterliegt recht deutlichen Schwankungen – war sie gestern noch 280 EUR wert, können es morgen nur noch 250 EUR sein. Während der Bitcoin-Kurs im Januar 2014 noch Spitzenwerte von 741 EUR erreichte, bewegte er sich im Januar diesen Jahres häufiger mal unter der 200 EUR-Grenze, derzeit lässt sich eine kleine Aufwärtstendenz in Richtung der 300 EUR beobachten. Schwankungen um die 20 % innerhalb eines Tages kommen durchaus häufiger mal vor.
Wenn ihr also eure Shopeinnahmen nicht zum Spekulieren verwenden möchtet, solltet ihr eure Preise stets auf aktuellen Wechselkursen basieren lassen und vor allem eure Umsätze sofort nach dem Eingang in eine stabile Währung umtauschen lassen. Bei Coinbase oder Bitpay ist dieser „Instant Transfer“ im Angebot automatisch mit drin. Damit wälzt ihr das Kursrisiko größtenteils auf den Anbieter ab.
Aber Achtung: Problematisch können starke Kursschwankungen im Falle eines Widerrufs werden. Wie Martin Rätze, Rechtsexperte von Trusted Shops, erklärt, müssen Rückzahlungen im Falle eines Widerrufs nämlich in der gleichen Zahlungsweise getätigt werden, in der gezahlt wurde. Das kann bei steigenden Kursen zum Problem für den Shopbetreiber werden. Bei fallenden dagegen hat er Glück gehabt.
Auch wenn ihr euch einen etablierten Anbieter sucht – sicher ist euer Geld erst dann, wenn es auf eurem Konto gelandet ist. Hackerangriffe auf Wallet-Anbieter und Bitcoin-Börsen haben schon so manches Unternehmen in die Krise gebracht. Und man muss sich nicht die spektakuläre Pleite der Bitcoin-Börse Mt. Gox oder die Insolvenz des Bitcoin-Miners Cointerra vor Augen führen, um sich der Risiken des Geschäfts mit einer so volatilen Währung bewusst zu werden. Am besten vereinbart ihr deshalb eine tägliche Überweisung aller Bitcoin-Zahlungseingänge auf euer normales Bankkonto. In Kombination mit Instant Transfer reduziert ihr damit das Risiko eurer Bitcoin-Transaktionen auf ein Minimium.
Was für euch als Shopbetreiber ein Vorteil ist, nämlich die Unumkehrbarkeit einer Bitcoin-Transaktion, ist für Käufer natürlich ein Risiko. Ihr solltet deshalb besonders in vertrauensbildende Maßnahmen investieren und ggf. einen Treuhandservice für Käufe anbieten.
Umgekehrt empfiehlt es sich, auf euren Coinbase- oder Bitpay-Account auch entsprechend gut aufzupassen. Hacker-Angriffe auf solche Wallet-Anbieter sind keine Seltenheit – starke, häufig gewechselte Passwörter sollten deshalb selbstverständlich sein. Wenn ihr euer dortiges digitales Portemonnaie regelmäßig durch Überweisung auf euer eigenes Bankkonto leert, minimiert ihr natürlich auch in dieser Hinsicht das Risiko.
Ihr wollt euch noch genauer über die Funktionsweise von Bitcoin informieren? Viele hilfreiche Informationen findet ihr auf bitcoin.org, im Bitcoin-Blog bitcoins21.com oder im dazugehörigen Wikipedia-Artikel.
Habt ihr schon Erfahrungen mit Bitcoin gemacht? Als Händler, über Wallet-Anbieter oder vielleicht auch privat oder als Spekulationsobjekt? Wir sind gespannt auf eure Erfahrungen.