Udo Kraft

Abmahngefahr: Wer eine Marke sucht, soll auch nur diese finden

Suchfunktion im Webshop: Wer nach einer Marke oder einem Markenartikel sucht, soll keine Produkte der Konkurrenz angezeigt bekommen. So verlangt es das OLG Frankfurt in einer Entscheidung. Viele Shop-Betreiber werden ihre Suchfunktion entsprechend anpassen müssen

Abmahngefahr: Wer eine Marke sucht, soll auch nur diese finden

Mit Urteil vom 11. Februar 2016 hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden, dass die Ergebnisliste der Produktsuche in einem Onlineshop keine Konkurrenzprodukte beinhalten darf, wenn der Suchende einen Markennamen in die Maske eingegeben hat (AZ: 6 U 16/15). Aber von vorne:

Fatboy gegen Amazon

Der Hersteller der bekannten Sitzsäcke ist erfolgreich gegen Amazon vorgegangen. Er war nicht damit einverstanden, dass bei Eingabe seines Markennamens in die Suchmaske von Amazon auch Produkte von Wettbewerbern gelistet werden. Er sieht darin einen markenrechtlichen Verstoß. Amazon auf der anderen Seite war der Ansicht, dass die Anzeige von Konkurrenzprodukten vom Suchenden geradezu erwartet würde, um kostengünstigere Alternativvorschläge zu erhalten.

Wie entsteht die Amazon-Trefferliste?

Der von Amazon eingesetzte Algorithmus durchsucht den Marktplatz nicht nur nach dem in das Suchfeld eingegebenen Begriff, sondern berücksichtigt für die Ergebnisliste zusätzlich vorangegangene Suchanfragen und Kaufentscheidungen anderer Kunden. Deshalb erscheinen auch Angebote von Wettbewerbern des Markenherstellers in der Trefferliste, was dem Suchenden bekannt ist.

Wer eine Marke sucht, soll auch nur diese finden

Die Frankfurter Richter konnte der Online-Riese mit seinen Argumenten nicht überzeugen. Sie waren der Ansicht, dass die sog. „Herkunftsfunktion“ der Marke durch die Anzeige der Suchergebnisse verletzt wird. Die Nutzung einer Marke stellt sicher, dass die entsprechend gekennzeichneten Produkte vom selben Hersteller stammen, der auch für deren Qualität verantwortlich ist. Sucht ein Kunde nun nach eben dieser Marke, sollen ihm in der Ergebnisliste auch nur Artikel des Markenherstellers präsentiert werden. Andernfalls könnte er die Konkurrenzartikel fälschlicherweise mit der Marke in Verbindung bringen.

Was offline gilt, gilt auch online

Ein Kunde, der in einem stationären Ladengeschäft den Verkäufer nach bestimmten Markenprodukten fragt, erwarte schließlich auch nicht, dass ihm Produkte der Konkurrenz gezeigt würden, die er gar nicht gesucht hat. Gleiches muss dann aber auch für den Online-Handel gelten. Zweck der Eingabe eines Markennamens in die Suchmaske - im Gegensatz zur Eingabe eines Gattungsbegriffs (z.B. „Sitzsack“) - ist es, Produkte anderer Anbieter auszufiltern. Werden solche dann trotzdem in der Ergebnisliste angezeigt, liegt ein markenrechtlicher – und somit abmahnbarer – Verstoß vor.

Konkurrenzprodukte dürfen nicht in der Trefferliste erscheinen

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass für den Suchenden – zumindest nach Auffassung von Amazon – zu erkennen war, dass und welche Artikel nicht vom Markenhersteller stammen, weil diese teils deutlich günstiger waren und die markenspezifischen Kennzeichnungselemente (im konkreten Fall ein rotes Fähnchen am Produkt) fehlten. Konkurrenzprodukte dürfen in der Ergebnisliste gar nicht erst erscheinen, sondern müssen von den Treffern zu den Markenartikeln deutlich abgegrenzt dargestellt werden.

Ende eines Geschäftsmodells?

Unternehmer, die sich auf den Vertrieb von „Alternativprodukten“ spezialisiert haben (etwa Staubsaugerbeutel), sind durch die Entscheidung nicht gezwungen, ihr Geschäftsmodell aufzugeben. Das OLG ließ die Frage, ob eine Markenrechtsverletzung auch dann noch vorliegt, wenn ein normal informierter und angemessen aufmerksamer User unschwer erkennen kann, dass neben den Markenprodukten auch Artikel von Wettbewerbern angezeigt werden, ausdrücklich offen. Es kommt folglich auf die Darstellung der Suchergebnisse an.

Aufgabe der betroffenen Shop-Betreiber wird es nun sein, entsprechende Anzeigeformen zu finden.

Fazit

Auch Betreiber anderer Webshops müssen die Vorgaben aus dem Urteil umsetzen. Wird nach einer bestimmten Marke gesucht, dürfen keine Angebote von Wettbewerbern in die einheitlich gestaltete Trefferliste eingefügt sein. Wenn sie überhaupt angezeigt werden, dann nur deutlich abgesetzt von den Markenprodukten.

Wer sich nicht daran hält, muss – wie so oft – Abmahnungen fürchten. Die kommen dann zwar nicht von der Konkurrenz oder Schutzverbänden, sondern von den Markenrechtsinhabern. Da es sich dabei jedoch vielfach um die Lieferanten des Shop-Betreibers handelt, dürfte das für den Betroffenen in vielerlei Hinsicht gravierender sein.

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