Seit der sogenannten „Tell a Friend“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs
(BGH; Urteil vom 12.09.2013, AZ I ZR 208/12) ist die Einbindung von einer Weiterempfehlungsfunktion im Webshop höchst bedenklich. Wer Abmahnungen vermeiden will, sollte darauf verzichten. Das gilt auch beim Verkauf über Online-Marktplätze wie eBay oder Amazon. Dort jedoch haben die Händler nur begrenzt Einfluss auf die Darstellung ihrer Angebote. Dennoch werden sie für Verstöße der Plattformbetreiber verantwortlich gemacht.
Weiterempfehlungsfunktion ist wettbewerbswidrig
Mit zwei aktuellen Gerichtsentscheidungen wurden sowohl ein eBay- also auch ein Amazon-Händler zur Unterlassung verurteilt. Das Landgericht (LG) Hamburg untersagte dem beklagten eBay-Händler, seine Angebote mit der streitgegenständlichen Weiterempfehlungsfunktion zu versehen
(Urt. v. 08.12.2015, AZ: 406 HKO 26/15). Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte eine einstweilige Verfügung, mit der einem Amazon-Händler verboten wurde, Angebote auf dem Marktplatz unter Verwendung der Weiterempfehlungsfunktion einzustellen
(Urt. v. 09.07.2015; AZ: 4 U 59/15).
Werbung ohne Einwilligung ist unzulässig
Die Richter stuften beide Weiterempfehlungsfunktionen als wettbewerbswidrig ein. Denn über diese können Produktempfehlungen versendet werden, ohne dass die Empfänger dem Erhalt von E-Mail-Werbung zugestimmt hätten. Werbung mittels elektronischer Post ist jedoch grundsätzlich nur mit Einwilligung erlaubt. Andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Das gilt auch dann, wenn nicht der Unternehmer selbst die E-Mail versendet, sondern ein Dritter, zum Beispiel ein Kunde, der einen Artikel einem Freund oder Bekannten empfehlen will. Entscheidend ist, dass der Händler die Werbung veranlasst hat. Das tut er durch die Weiterempfehlungsfunktion, die er innerhalb seiner Angebote zur Verfügung stellt.
Marketplace-Händler haften für Wettbewerbsverstöße der Plattformbetreiber
Dass die eBay- und Amazon-Händler auf die Verfügbarkeit dieser Option keinerlei Einfluss haben, sie diese also weder aktiv einfügen noch aus den Angeboten entfernen können, war für die Entscheidungen unerheblich. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass die Händler sich für den Warenverkauf über Plattformen entschieden haben, bei denen derartige Funktionen zur Verfügung gestellt werden. Kann ein rechtskonformer Verkauf nicht sichergestellt werden, müsse der Vertrieb über diesen Kanal eben eingestellt werden.
Konsequenz wäre, dass der Handel über eBay und Amazon solange wettbewerbswidrig ist, bis die Plattformbetreiber die Weiterempfehlungsfunktion entweder selbst entfernen, oder ihren Händlern diesbezüglich zumindest Gestaltungsspielraum einräumen.
Besonderheit der eBay-Weiterempfehlung
Gerade bezüglich der Weiterempfehlungsfunktion von eBay ist das Urteil jedoch fragwürdig. Der Marktplatzbetreiber hatte auf die ursprüngliche Entscheidung des BGH reagiert und die Funktionsweise entsprechend angepasst. Wer seitdem auf den Briefumschlag klickt, wird in seinen eigenen Mail Account weitergeleitet. Die E-Mail wird folglich nicht aus dem eBay-System heraus versendet, sondern über das E-Mail-Programm des Empfehlenden. Der eBay-Händler erscheint weder als Absender, noch im Betreff der Empfehlungs-Mail. Zwar werden sowohl Betreff als auch der Inhalt für die Nachricht vorformuliert, beides kann jedoch vom Empfehlenden individuell angepasst werden. Bei der eBay-Weiterempfehlung handelt es sich folglich viel mehr um eine „Mail-to-Funktion“.
„Mail-to“-Funktion wettbewerbswidrig?
Diese Funktionalität wurde von vielen Seiten als juristisch gangbarer Weg eingestuft. Nicht jedoch von den Richtern des LG Hamburg. Diese haben sich mit der konkreten Weiterempfehlungsmöglichkeit von eBay in ihrem Urteil auch gar nicht näher befasst. Da der beklagte eBay-Händler gegen die Entscheidung nicht vorgegangen ist, wurde sie rechtskräftig und kann nun nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich andere Gerichte dieser Ansicht nicht anschließen werden oder sich zumindest mit der konkreten eBay-Funktion auseinandersetzen, bevor sie ein Urteil fällen.
Fazit
Eine Weiterempfehlungsfunktion, wie sie bei eBay oder bei Amazon automatisch in jedes Angebot eingefügt werden, sind als wettbewerbswidrig eingestuft worden. Da die einzelnen Marktplatz-Händler sie auch nicht nachträglich entfernen können, besteht derzeit akute Abmahngefahr. Wer keine wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen riskieren will, kann aktuell nur den Vertrieb über eBay und Amazon einstellen. Es ist zu hoffen, dass die Plattformbetreiber zeitnah auf die Gerichtsentscheidungen reagieren.
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