Dr. Katja Flinzner
Crowdinvesting – das ist doch nur was für die Gründungsphase, oder? Warum eigentlich? Andreas Ritter, Gründer von kartenmachen.de, entschied sich für eine Kampagne auf Seedmatch, als sein Online-Shop bereits zwei Jahre alt war und sogar schon schwarze Zahlen schrieb. Im Interview mit netzaktiv
Als junges Unternehmen müssen wir vor allem dafür sorgen, dass wir bekannter werden. Das Tolle an einem Crowdfunding – oder in unserem Fall an einem Crowdinvesting – ist, dass es nicht nur um Geld, sondern auch um Öffentlichkeit geht Das kann keine Bank der Welt bieten.
Über die Crowdfunding-Plattform Seedmatch haben uns ungeheuer viele Menschen kennengelernt. Seedmatch tut natürlich auch eine Menge dafür, dass potenzielle Investoren auf die Fundings aufmerksam werden. Social Media ist hier das Stichwort. Und wenn man da als Startup mitspielt – also selbst in Sachen Social Media und PR aktiv wird –, potenziert sich der Faktor „Öffentlichkeit“.
Ja, tatsächlich: Das Geld war die schöne Nebensache. Kartenmachen.de war 2014 schon nach zwei Monaten break-even und bis vor dem Funding haben wir das gesamte Unternehmenswachstum aus den Gewinnen finanziert. Dank der 353 Investoren, die uns für die nächsten viereinhalb Jahre 340.500 Euro zur Verfügung stellen – das ist mehr als die Funding-Summe, die wir ursprünglich angepeilt hatten - können wir unsere Wachstumsziele jetzt noch schneller realisieren.
Sehr profitiert haben wir auch von den Ideen unserer Investoren. Ein Investor bot uns eine Kooperation an. Das war toll, weil wir B2B bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht auf dem Schirm hatten. Wir sind aktuell dabei, die ersten personalisierbaren Einladungskarten für das Unternehmen zu entwickeln. Ein weiterer Investor fragte uns, ob wir Marketing-Material hätten, das er verteilen könnte. Für ihn und alle anderen Investoren haben wir dann kleine Empfehlungskärtchen mit einem Bestellbonus entwickelt. Insgesamt sind die Investoren und die Crowd großartige Sparrings-Partner. Viele machen sich wirklich Gedanken darüber, wie Startups noch erfolgreicher werden können. Das ist ein schönes Gefühl.
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Beim klassischen Crowdfunding unterstützen meist Privatpersonen die Entwicklung neuer Produkte oder Projekte und werden dafür zum Beispiel mit besonderen Editionen der Neuentwicklungen belohnt. Als Spezialform der Crowdfinanzierung ist das Crowdinvesting (engl. „equity-based crowdfunding“) dagegen besonders in der Start-up-Szene beliebt. Dabei erhalten die Investoren eine finanzielle Beteiligung am Erfolg des Unternehmens. Sie stellen also ein Darlehen zur Verfügung und werden dafür später an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt. Wenn es denn Gewinne gibt…
Hinsichtlich ihres Marketing-Potenzials unterscheiden sich Crowdfunding und Crowdinvesting meiner Ansicht nach kaum. Beispiele wie Protonet zeigen, dass sich die Sichtbarkeit eines Unternehmens durch geschicktes Marketing rund um ein Crowdfunding enorm steigern lässt. Damit das gelingt, muss man bei beiden Funding-Formen viel Zeit für das Marketing freischaufeln. Gerade bei ganz jungen Firmen ist das allerdings oft schwierig.
(Foto: kartenmachen.de)
Der Faktor „Zeit“ ist eine Herausforderung. So ein Funding bindet enorm viele Ressourcen, insbesondere dann, wenn man all seine Vorteile nutzen will. Zusätzlich zum Tagesgeschäft muss man die eigene Positionierung schärfen, eine Story für das Funding entwickeln, auf die Fragen und Wünsche der Crowd reagieren, Pressemitteilungen schreiben, mit Journalisten telefonieren, Informations-Updates einstellen und, und, und. Ich weiß nicht, ob man das als Nachteil bezeichnen kann – das sind ja auch alles sehr interessante und wichtige Aufgaben. Aber Fakt ist, dass das auf Kosten des Tagesgeschäfts geht. Und wenn man damit nicht rechnet, kriegt man Probleme. Aufgrund des Funding-Erfolgs konnten wir bald neue Mitarbeiter einstellen und neue Maschinen kaufen. Dadurch haben wir in Sachen „Produktion“ inzwischen wieder aufgeholt. Seit Ende des Fundings stellen wir die Produktentwicklung – die notgedrungen etwas in den Hintergrund getreten war – wieder in den Mittelpunkt. Das ist jetzt erstmal unsere Hauptbaustelle und deshalb planen wir so schnell auch kein neues Funding oder die Teilnahme an einem Accelerator-Programm.
Crowdinvesting ist aufwendig und mit vielen Dingen, die man da tun muss, hat man keine Erfahrung.
Man sollte sich vorab gut informieren, zum Beispiel darüber, wie ein Pitch aufgebaut ist und was es da zu beachten gibt. Damit das Tagesgeschäft und der Unternehmensaufbau nicht allzu sehr unter der Extraarbeit leiden, sollte man sich frühzeitig Experten ins Boot holen und für diese Ausgaben Geld ansparen. Insgesamt darf man den Zeitaufwand wirklich nicht unterschätzen.
Am besten ist es, wenn man einige Wochen vor Funding-Start mit den Vorbereitungen (Story und Businessplan schreiben, Video produzieren usw.) beginnt. Damit man in dem fordernden Prozess nicht schlapp macht, kann man sich auch immer wieder daran erinnern, warum man das alles überhaupt tut.
Klingt nach genau der richtigen Methode für euch? Dann legt doch direkt los und plant eure eigene Crowd-Kampagne! Die ersten Schritte verraten wir euch gerne: