Udo Kraft
Es gibt Dinge im Leben, die man weder in der Schule noch auf irgendeinem Seminar lernt. Mit anderen Worten: Manchmal muss man ins kalte Wasser springen um schwimmen zu lernen. Vielleicht können wir dir vorher einen kleinen Kurs in warmen Gewässern anbieten. Zumindest um so bereits gemachte Fehler zu
Der Erfahrungsschatz einiger Freunde und Kunden aus dem Handel zeigt in diesem Artikel zehn der wichtigsten Fehler auf, die Shop-Betreiber in ihrer E-Commerce-Laufbahn so machen. Natürlich erläutern wir auch, wie du diese Fehler verhindern kannst.
Frag mal einen erfahrenen Unternehmer, was die wichtigste Fähigkeit ist, um erfolgreich ein Unternehmen zu führen. Die Antwort: Mathematik. Als unser Freund Tom (Name von der Redaktion geändert) mit seinen Shops angefangen hat, war das eher ein Hobby, so hat er sein Hauptaugenmerk weniger auf Mathe gelegt.
Das Ergebnis: Er hat wegen hoher Nachfrage zwar eine Nische etabliert, hat am Ende aber nicht genug Einnahmen erzielt, die den Erhalt des Shops weiterhin lohnenswert gemacht hätten. Die Verkaufspreise waren einfach zu niedrig kalkuliert.
BWL funktioniert ganz einfach. Um zu sehen, wie profitabel dein Online-Shop sein kann, nutze folgende Formel:
Gewinn = Bedarf * (Umsatz - Kosten)
Nehmen wir an, dass es im Netz etwa 20.000 Menschen gibt, die auf der Suche nach deinem Produkt sind. Wenn die Hälfte davon deinen Shop finden, sind das 10.000 potenzielle Käufer. Verkaufst du an den Durchschnitt von 1-2 Prozent, sind das zwischen 100 und 200 Verkäufe. Wenn dein durchschnittlicher Auftragswert 100 Euro beträgt und du eine Netto-Marge von 30 Prozent hast, liegt Dein Gewinn also zwischen 3.000 und 6.000 Euro.
Natürlich sind diese Zahlen nur grobe Schätzungen. Die echten Zahlen können selbstverständlich variieren. Was auch immer bei dir herauskommt – hätte Tom etwas besser in Mathe und BWL aufgepasst, wäre er schneller auf diese Formel gekommen.
Es hat „zwei Shops lang gedauert“, bis die Mathe-Nachhilfe bei ihm geholfen hat. Der zweite Shop hatte einen sehr hohen durchschnittlichen Auftragswert, jedoch viel zu kleine Margen, so dass kaum Gewinn übrig blieb.
Die Shops basierten auf dem Direktversand durch Großhändler. So war Tom im Strom mit hunderten von Wettbewerbern unterwegs, die alle dasselbe Sortiment anboten, wie er. Wenn er sich überhaupt etwas von den anderen unterscheiden konnte, so war er am Ende einfach nur „auch da“ – und das hatte natürlich rückblickend gesehen gar keinen Wert.
Mit Toms erstem Shop tauchte er direkt ins Tiefe, er dachte sogar, er hätte eine super Marktlücke entdeckt. Und was hatte er vergessen? Den Wettbewerb! Ohne die Konkurrenz oder überhaupt den Markt genau zu recherchieren, stellte Tom leider etwas zu spät fest, dass der größte Wettbewerber richtig genial war. Der Konkurrent hatte alle Produkte, die Tom auch anbot, etliche Kundenbewertungen, tausende Likes auf Facebook, einen erfolgreichen Blog und tonnenweise gute Presse. Der Wettbewerber hatte jedes Element auf dem Markt abgedeckt und Tom dachte zuerst immer noch, er könnte es gegen ihn schaffen. Naja, ich brauche hier wohl nicht zu erwähnen, dass Toms Online-Shop kommerziell betrachtet eher eine Katastrophe war. Mit seinem zweiten Shop gab es dann tatsächlich eine große Lücke. Nicht in Bezug auf die Produkte, sondern im Sinne von Informationen. Diese Gelegenheit nutzte Tom und startete eine sehr umfassende Recherche in seiner Nische.
Das Ergebnis: Mit echten Bemühungen im SEO gelang es ihm, zu wachsen und den Shop mit über 15.000 Besuchern pro Monat in eine richtig wettbewerbsfähige Nische nach oben zu bringen.
Eine Nische ist einfacher zu finden, wenn man eben keine Hardware in dem Sinne, sondern zum Beispiel Wissen oder Know-how verkauft. Es kostet keine Unsummen an Investitionen und der Unternehmenswert bemisst sich nicht ausschließlich an deinen Produkten oder Kundenlisten, sondern auch an deinen „geistigen“ Inhalten.
Lies hierzu auch: Nischendenken im E-Commerce: Ein Erfolgsgarant nicht nur für kleine Onlineshops
Toms erster Shop-Versuch verkaufte wiederwendbare Taschen. Es ging um umweltfreundliche, recycelbare Taschen, die seine Freundin in Handarbeit herstellte. Die Taschen verkauften sich nicht besonders gut, so erweiterte Tom sein Sortiment nach und nach mit anderen umweltfreundlichen Produkten. Irgendwann hatte er ein ganzes Sammelsurium an Produkten, die bis auf die Umweltfreundlichkeit nicht besonders viel gemeinsam hatten. Das wäre ja okay gewesen, wenn seine Marke nicht auf die Taschen aufgebaut gewesen wäre. Während der Umsatz nicht unbedingt darunter litt, war es dennoch sehr schwierig, einen speziellen Kunden anzusprechen, da das Sortiment dafür einfach zu breit gefächert war. Infolgedessen war natürlich auch die Suchmaschinenoptimierung nahezu unmöglich.
Der Fehler hier lag also in der Markenentwicklung und weniger in der Finanzierung. Dabei ist aber der Aufbau einer Marke mindestens genau wichtig, da deine Marke das darstellt, was dein Unternehmen tatsächlich wert ist.
... ein weiterer Fehler, den Tom im Zuge seines ersten Online-Shops machte. Er betrieb wenig bis keinen Aufwand für Content-Marketing. Das machte die Kundengewinnung nicht unbedingt leichter für ihn. Er korrigierte diesen Fehler mit seinem zweiten Shop, der gänzlich auf dem Verkauf von Content-Marketing basierte. Manchmal ist es schwer, für eine langweilige Nische Content zu schreiben. Aber im Ernst: Wie viel kann man wohl über recycelbare Taschen schreiben? Der Schlüssel (das haben wir alle erst später gelernt) ist, Content Marketing nicht bezogen auf dein Produkt, sondern bezogen auf deine Kunden zu betreiben. Um noch mal bei den umweltfreundlichen Taschen zu bleiben: Wer kauft eigentlich solche Taschen?Auf jeden Fall jemand, der sehr umweltbewusst ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass genau diese Kunden gesund essen, Fitness, Yoga und Wellness toll finden. Das sind natürlich alles Vermutungen, aber etwas Recherche könnte diese bestimmt bestätigen. Indem du also deine Content-Marketing-Strategie besser um den idealen Kunden strickst, anstatt um ein bestimmtes Produkt, hast du auf einmal viel mehr zu erzählen und automatisch viel mehr Möglichkeiten, mit deinen Kunden in Kontakt zu kommen.
Lies hierzu auch: Content-Marketing für Anfänger: 7 Tipps für deinen perfekten Start
Einige Geschäftsmodelle tun gut daran, kostenlose Giveaways zu verschenken, damit neue Kunden anzulocken und schließlich an ihnen Umsatz zu generieren. Als Tom noch in der umweltfreundlichen Nische unterwegs war, bekam er so eine Gelegenheit. Leider hat er das ganze Unterfangen komplett falsch eingeschätzt und musste einen großen Verlust in Kauf nehmen. Aus 300 verschenkten Werbe-Produkten hat genau 1 Kunde eine Tasche gekauft. Das tat weh. Werbegeschenke, Wettbewerbe und Giveaways sind ein absolut effektives Mittel um ein Produkt am Markt bekannt zu machen – aber es passt eben nicht zwingend in jede Nische. Gratisgeschenke funktionieren gut bei Verbrauchsprodukten, wie Hautpflege, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und dergleichen.
Was Tom daraus gelernt hat? Dass diese Gimmicks nicht wirklich den Verkauf ankurbeln, dafür aber eine Marke aufbauen. Aber auch dafür brauchst du einen gut geschmiedeten Plan.
Lies hierzu auch: Goodies für deine Kunden: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft
Um das Thema Werbegeschenk aufzurollen: Tom suchte immer noch nach einem effektiven Weg, seine Taschen erfolgreich zu vermarkten. Also entschloss er sich, ein Gewinnspiel mit einem Blogger zu machen. Er dachte, dies würde ihn in Sachen SEO ganz weit nach vorne bringen. Mit einem Schlag würde dieser Trick auch seine Reichweite in den Social-Media-Kanälen erhöhen. Dieses Mal war er (finanziell gesehen) etwas schlauer. Der Preis beim Gewinnspiel war „nur“ ein 50-Euro-Gutschein für seinen Shop. Das Ergebnis? Er verdreifachte fast seine Social-Media-Follower und das Gewinnspiel erwies sich als absoluter Hit.
Oder doch nicht?
Wenn du ein Gewinnspiel planst, fokussiere deine Arbeit auf die Nacharbeit...
(Grafik: Melpomene / fotolia.com)
Wie schon bei Fehler Nr. 4 hatte er keinen Plan, wie er nachhaltig mit all diesen neuen Social-Media-Fans umgehen sollte.
Der Trick mit Social-Media ist, deine Follower von Stunde Null an zu begleiten. Teile jeden Tag Inhalte. Poste deinen eigenen Content regelmäßig. Fange selbst Gespräche an, kommentiere andere Posts. Sei hilfsbereit. Wer hätte denn gedacht, dass Facebook und Twitter so viel Arbeit sein würde?! Okay, Lektion gelernt. Wenn du also ein Gewinnspiel planst, stelle sicher, dass du dich eher auf die Nacharbeit fokussierst. Die Planung ist in diesem Fall wichtiger, als das Gewinnspiel selbst.
Wenn du dein Unternehmen bootstrappst – so wie Tom es getan hat – dann machst du anfangs alles selbst. Du baust und bastelst deinen Online-Shop, du lädst Produkte hoch, du schreibst alle Produktbeschreibungen selbst, du machst das gesamte Marketing – alles in allem ein spektakulärer Soloauftritt. Schön und gut, wenn du hinterher behaupten kannst, alles selbst gemacht zu haben. Aber es ist auch unglaublich zeitaufwändig.
Tom hat das erkannt und beim zweiten Anlauf die „niederen Arbeiten“ in zwei Bereiche gegliedert: Notwendig und Unnötig.
Versuche, die notwendigen Aufgaben so gut es irgendwie geht, zu automatisieren. Ja, das kostet etwas Geld. Am Ende sparst du aber wohlmöglich Kopf- und Herzschmerz und hast eben mehr Zeit für die schöneren Arbeitsbereiche. Unnötige Aufgaben sollten (zumindest vorerst) ad acta gelegt werden. Mit unnötigen Dingen meine ich zum Beispiel zu viel Bastelei an deinem Logo, das Hantieren mit ein paar mehr oder weniger Pixeln bei den Produktfotos, leichte farbliche Veränderungen eines Buttons – oder eben das Mäkeln an kleinen Fehlerchen, die wahrscheinlich nur du selbst bemerkst. Natürlich können genau diese Kleinigkeiten einen positiven Effekt auf deine Konversions-Rate haben, aber das weißt du ja ohnehin erst, wenn du richtig viel Traffic auf deiner Seite hast. In der Aufbauphase deines Geschäfts solltest du diese Art von unnötigen Arbeiten jedenfalls vermeiden.
Gute Nischen-Recherche sollte in zwei Teilen erfolgen: 1. Ein Produkt finden und 2. deinen Kunden kennenlernen. Der Trick hierbei ist es, nach deinem Kunden das Produkt auszuwählen. Schwieriger ist es, zuerst das Produkt zu haben und dann erst auf Kundenjagd zu gehen. Der konventionellen Methode nach, beruhen sich deine Recherchen natürlich auf Zahlen, Daten und Fakten – dies ist auch absolut notwenig – aber ein entscheidender Schritt, der bei Toms Shops fehlte, war ein echtes Kundenprofil.Selbst wenn deine Nische eine ausreichende Nachfrage hat und du passend dazu eine umfangreiche Produktauswahl anbietest – ohne zu wissen wer dein idealer Kunde ist, wird es immer schwieriger oben zu bleiben und nicht abzusaufen.
So erging es Tom auch. Er hatte ein paar gute Monate hinter sich. Aber er hat seine Kunden nicht konkret genug angesprochen und so verzeichnete er nach weiteren Monaten einen starken Umsatzverlust. Wenn du tief genug gräbst, wirst du feststellen, dass selbst Nischen Nischen haben. Je besser du auf deine Zielgruppe vorbereitet bist umso besser wirst du auf die Kundenbedürfnisse eingehen können.
Lies dazu auch: Mythos Persona? Die 6 Tricks der Marketing-Profis
„Wenn du versäumst zu planen, dann planst du zu scheitern“... So ein Sprichwort von Benjamin Franklin.
Ein ordentlicher Marketing-Plan sollte leicht zu erstellen sein, wenn du weißt wer deine Kunden sind und wo man sie findet. Leider hatte Toms Marketing-Plan aus seinen Anfängen mehr etwas von absoluter Planlosigkeit. Den einen Tag tat er dies - am anderen jenes. Aber eben nichts konkretes – und schon gar nicht nach einer bestimmten Zielsetzung. Während alle E-Commerce-Shops einen runden Marketing-Plan haben sollten, der sämtliche Grundlagen abdeckt, sind einige Kanäle offenbar effektiver als andere. Das eine Modell geht besser mit PPC, während das andere mit SEO oder Social Media glänzt. Wie auch immer dein Plan aussieht: er sollte vorliegen, wenn du mit deinem Shop startest. Natürlich ergeben sich im Laufe der Zeit immer mehr Möglichkeiten, die du anfangs vielleicht noch nicht absehen kannst – aber eine starke Grundlage wird dir stetigen und messbaren Erfolg bringen.
Zum Marketingplan: Dein erster Schritt zum Erfolg
Als Tom frisch am Markt war, verliebte er sich schnell in jeden Service und jede Software, die ihm über den Weg lief. Ist ja auch ganz normal. Gerade flügge, stellte er die ersten Probleme fest.Er kann heute gar nicht mehr genau zählen, wie viele Stunden wir damit verbracht hat, Anbieter zu suchen, die DIE Lösung für all seine Probleme hätte bieten können.
Und dann kam ein PPC-Anbieter. Wahrscheinlich hätte es jede andere Firma sein können. Für Tom war es zu dem Zeitpunkt aber genau diese eine Firma. Es war schon ein wenig kostspielig, aber sie hatten tolle Marketing-Videos und sehr gute Referenzen vorzuweisen. In einem Gespräch versprachen sie ihm, dass sie seinen Umsatz auf den Kopf stellen würden und er seinen Shop quasi auf Autopilot laufen lassen könnte. Eine kleine Anmerkung: Ich möchte die Firma nicht schlecht machen. Ich bin mir sicher, dass die Agentur gut ist, in dem was sie tut. Es war ein Fehler von Tom, nicht zu erkennen, dass ihr Lösungsangebot für seine Nische ganz und gar nicht geeignet war.
PPC-Anbieter haben zwei Zahlungsmodelle:
A) sie verlangen eine Gebühr - und aus dieser Gebühr, verwenden sie einen festen Betrag auf deine Anzeigen oder
B) der Kunde zahlt für Anzeigen soviel er will und gibt an den Dienstleister neben einem Fixbetrag einen festgelegten, prozentualen Anteil ab.
Mit Modell A investierst du als kleines Unternehmen ziemlich viel Kapital nur um den Service zu nutzen und ohne genug davon zurückzubekommen. Und mit Modell B brauchst du ein großes Budget, um die Dienstleistung überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Für Dropshipper, wie Tom es zum Zeitpunkt seines ersten Shops war, war das PPC-Modell eigentlich nicht geeignet. Ein anderer Kunde von uns hatte dieselbe Agentur beauftragt und hat auch ein wenig Geld aus dem Projekt rausgeholt – aber bei weitem nicht das, was versprochen wurde.
Wenn du deine Ware selbst herstellst oder hohe Margen erreichst, ist es vielleicht empfehlenswert, diesen Weg zu gehen. Es gibt genug Firmen, die mit PPC richtig erfolgreich sind – für dich geht es letztendlich nur darum, gute Zahlen zu schreiben.
Auf welche Dinge solltest du achten, wenn du einen Online-Shop eröffnest:
Wir freuen uns auf wunderbare Kommentare und Erfahrungen, wie ihr aus euren Fehlern im Onlinehandel gelernt habt!