Dr. Katja Flinzner
Ist ein Interessent erst mal zum Kunden geworden, habt ihr für euer E-Mail-Marketing im E-Commerce einen unschätzbaren Vorteil: Im gesamten Bestell- und Abwicklungsprozess begegnet ihr ihm nämlich mehrere Male. Ganz planmäßig, ganz bewusst und ganz legal - per E-Mail.
Das größte Problem beim Marketing ist meist das, die Kunden überhaupt zu erreichen. Kaum waren sie auf eurer Website, sind sie auch schon wieder weg und werden in den Weiten des Webs und der restlichen Welt von unzähligen Alternativ-Angeboten überschüttet. Dass sie euch dabei nochmal zufällig über den Weg laufen, ist eher unwahrscheinlich, und ungefragt dürft ihr sie ja nicht einfach so anschreiben oder auch auf anderen Wegen kontaktieren. Die Standard-Kontaktpunkte mit dem Kunden werden von vielen Shops geradezu stiefmütterlich behandelt und noch viel zu wenig zum Marketing genutzt. Dabei bieten sie jede Menge Potenzial, den Kunden auch über diesen einen Kauf hinaus an euren Shop zu binden.
Wir haben für euch mal die wichtigsten E-Mail-Kontaktpunkte zusammengetragen, die im Bestell- und Abwicklungsprozess entstehen können, und möchten euch Anregungen geben, wie ihr diese für effizientes E-Mail-Marketing im E-Commerce nutzen könnt.
Die Bestellbestätigung ist wahrscheinlich die am häufigsten versendete Standard-Mail im Online-Handel – wohl vor allem deshalb, weil ohne meist kein gültiger Kaufvertrag zustande kommt und sie für die Erfüllung zentraler Informationspflichten (zum Beispiel die Widerrufsbelehrung) unerlässlich ist.
Der große Vorteil der Bestellbestätigung aus Marketingsicht ist der, dass sie häufig direkt im Moment der Bestellung beim Kunden ankommt, er also auch gedanklich noch mit euren Produkten beschäftigt ist. Das ist der perfekte Zeitpunkt, um den Kunden zum Multiplikator zu machen – ganz besonders, wenn ihr eher emotionale und persönliche Produkte verkauft. Wie wäre es mit Teilen-Buttons für Facebook, Twitter & Co.? Viele Kunden erzählen gerne, was sie Spannendes entdeckt oder sich gerade gegönnt haben. Solche „Post Purchase Sharing“-Buttons passen natürlich perfekt auf die Bestellbestätigungsseite, warum aber – für die weniger Kurzentschlossenen, die es dort vielleicht bereits weggeklickt haben – nicht auch in die Bestellbestätigungs-Mail?
Auch Cross-Selling-Angebote sind eine gute Ergänzung für die Bestellbestätigung. Hat der Kunde gerade ein Tablet gekauft, braucht er sehr wahrscheinlich noch die passende Hülle oder eine Schutzfolie dazu. Entsprechende Links in der Mail machen den Weg dahin leichter und regen zum erneuten Kauf an.
Auch die Versandbestätigung gehört zu den absoluten Standard-Mails, obwohl es tatsächlich noch erstaunlich viele Shops gibt, die darauf verzichten. Ziemlich unklug, denn von der Bestellung bis zum Eintreffen des Pakets nichts mehr von sich hören zu lassen, lässt den Kunden in der entscheidenden Phase unnötig alleine. Woher soll er dann wissen, woran es liegt, wenn seine Bestellung nach einer Woche noch nicht da ist?
Wir gehen mal davon aus, dass ihr euren Kunden nicht nur über den Versandstatus, sondern auch über den Versanddienstleister informiert und ihm eine Sendungsnummer zum Verfolgen der Bestellung mitliefert. Eigentlich selbstverständlich.
Da diese Informationen den Kunden meist tatsächlich interessieren, ist die Chance, dass er sich eure Versandbestätigungsmail anschaut, ziemlich hoch. Grund genug, die dazugehörige Mail noch etwas aufzuhübschen. Links zu inhaltlich zur Bestellung passenden Produkten sind nur eine von vielen Möglichkeiten, den Kunden hier zum Handeln aufzurufen. Ihr könnt eure Kunden aber ja auch mal überraschen – zum Beispiel mit einem Gutscheincode oder einer Rabattaktion. Die erwartet man in einer Versandbestätigung eher nicht – umso mehr fällt sie ins Auge, wenn sie doch da ist. Probiert es doch einfach mal aus.
Wenn ihr eine Bestellung ohne Registrierung anbietet und alles reibungslos abläuft, können das schon die einzigen Kontaktpunkte sein, die sich im Rahmen der Bestellabwicklung ergeben. Unterschiedliche Situationen ergeben aber auch unterschiedliche Möglichkeiten. Zum Beispiel im Bereich der Zahlung.
Haben eure Kunden per Vorkasse bezahlt – egal auf welchem Weg – sollten sie über den Eingang der Zahlung informiert werden. Bei Zahlungen mit PayPal oder anderen Online-Payment-Dienstleistern übernimmt das in der Regel der Payment Provider. Dies wäre übrigens eine der wenigen Konstellationen, in der man nach dem Motto „Weniger ist mehr“ vorgehen und von einer eigenen Bestätigungsmail absehen sollte: Als Kunde muss ich nicht innerhalb weniger Minuten zweimal bestätigt bekommen, dass meine Zahlung eingegangen ist.
Gibt es eine solche Standard-Mail seitens eures Payment-Partners nicht, solltet ihr das auf jeden Fall übernehmen und euren Kunden zum Beispiel den Eingang der Vorkassenüberweisung auf eurem Konto bestätigen. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn fünf Minuten später direkt die Versandbestätigung folgt. Gegebenenfalls könnte dann das Aufnehmen einer Bestätigung in die Versandmitteilung passender sein, als das Verschicken von zwei separaten Mails.
Nicht immer läuft alles rund. Geht eine Zahlung eures Kunden nicht rechtzeitig bei euch ein, solltet ihr natürlich daran erinnern. Dabei lohnt es sich, ein wenig Zeit in eine kreative Formulierung zu investieren, die zu euch und euren Kunden passt und auf nette Art auf die ausstehende Zahlung hinweist. In den meisten Fällen wird dem Kunden schlicht durchgegangen sein, dass er eure Rechnung noch nicht bezahlt hat. Ihm dann mit bürokratischem Paragraphendeutsch zu begegnen, ist schlicht nicht nötig. Mit einer freundlichen und vielleicht sogar humorvollen Mail könnt ihr in einem solchen Fall positiv im Gedächtnis bleiben. Reagiert der Kunde auf eure Zahlungserinnerung nicht, könnt ihr immer noch mit dem Säbel rasseln und auf etwas eindringlichere Art auf euer Recht pochen.
Weniger empfehlenswert ist es, in einer Zahlungserinnerung weitere Produkte anzubieten, denn damit signalisiert ihr, dass man bei euch ungestraft bestellen kann, ohne zu bezahlen.
Es soll vorkommen, dass Kunden es sich anders überlegen. Wenn sie ihre Bestellung stornieren, noch bevor sie losgeschickt wurde, nehmt das positiv auf und reagiert entsprechend. Freut euch, dass ihr euch die Hin- und Rücksenderei eines Widerrufs nach erhaltener Lieferung erspart. Vielleicht freut ihr euch darüber sogar so sehr, dass ihr dem Kunden einen Gutschein für eine kostenfreie Lieferung mitschickt?
Darüber hinaus bietet es sich natürlich an, in einer Stornierungsbestätigung auf Alternativprodukte hinzuweisen. Der Kunde hat sich doch noch gegen die 300-EUR-Deckenleuchte entschieden? Sehr wahrscheinlich braucht er aber immer noch eine – wie wäre es, wenn ihr ihm eine ähnliche, vielleicht etwas günstigere vorschlagt? Oder ihn auf einen Blogartikel über Deckenlampen verweist, damit er sich noch besser informieren kann?
Müsst ihr bereits gezahlte Beträge erstatten, weil die Stornierung bzw. ein Widerruf erst nach der Zahlung erfolgt, ist eine E-Mail, in der ihr die Erstattung bestätigt, von elementarer Bedeutung. Kaum etwas macht Kunden nervöser als die Frage, ob der Shop die Rücksendung auch problemlos akzeptiert bzw. das ausstehende Geld rechtzeitig zurückzahlt. Haltet eure Kunden deshalb auf jeden Fall auf dem Laufenden und lasst sie nicht täglich auf dem Konto nachschauen, ob die Rückzahlung schon eingegangen ist.
Auch in solchen Fällen könnt ihr mit einer freundlichen und kulanten Haltung punkten. Vielleicht bietet ihr dem Kunden jetzt erst recht einen Rabatt-Coupon an, damit er auf den offenbar nicht so erfolgreichen Bestellvorgang einen erfreulicheren folgen lassen kann.
Ein viel diskutierter Klassiker unter den Kunden-Mails ist die E-Mail zum Warenkorbabbruch. Der Gedanke ist sehr verlockend: Eine angefangene, aber nicht zu Ende geführte Bestellung nochmal aufgreifen und den Kunden auf die liegengelassenen Artikel hinweisen? Grundsätzlich ist das auch durchaus sinnvoll und je nach Branche vielversprechend – schließlich kann es sogar sein, dass dem Kunden gar nicht bewusst ist, dass er die Bestellung nicht abgeschlossen hat. Aber: Die rechtlichen Fallstricke solcher Mails sind beachtlich. Prüft also gut, ob ihr sie überhaupt versenden dürft, bevor ihr euch überlegt, wie sie aussehen sollen. Habt ihr euch dafür entschieden, ist dies ein guter Zeitpunkt, um dem Kunden zum Beispiel durch ein Angebot von Rabatten die Entscheidung leichter zu machen.
Auch außerhalb des reinen Bestellprozesses gibt es natürlich Möglichkeiten für E-Mail-Marketing im E-Commerce. Einer davon ist die Einrichtung eines Kundenkontos, die leider – aus Marketingsicht betrachtet – in Zeiten von PayPal-Expresskauf und beinahe schon obligatorischer Gastbestellung immer seltener vorkommt.
Der Vorteil: Wenn ein Kunde ein Kundenkonto einrichtet, ist es sehr wahrscheinlich, dass er sich vorstellen kann, häufiger mal bei euch einzukaufen. Das solltet ihr nutzen und ihm beispielsweise einen Dankeschön-Gutschein anbieten.
Nur wer ein Kundenkonto hat, kann auch sein dazugehöriges Passwort vergessen. Je seltener die Kunden bei euch einkaufen, desto häufiger wird es vorkommen, dass sie sich nicht mehr an ihr Passwort erinnern können. Nutzt die Passwort-Erinnerungs- (oder Reset-)Mail doch dazu, den Kunden mit einem „Willkommen zurück“-Rabatt zu überraschen. Oder ihm Neuigkeiten vorzustellen, nach dem Motto „Sie waren schon lange nicht mehr hier? Dann schauen Sie doch mal, was sich in der Zwischenzeit bei uns getan hat!“.
Bleibt noch der Dino unter den E-Mail-Marketing-Tools: Der Newsletter. Wobei wir auf den Newsletter selbst an dieser Stelle gar nicht eingehen wollen, sondern nur auf die Kontaktpunkte, die sich drumherum ergeben. Aufgrund der obligatorischen Double-Opt-In-Lösung müsst ihr schon bei der Anmeldung automatisch eine Mail an den Kunden schicken. Nichts spricht dagegen, die so zu gestalten, dass sie Spaß macht. Auf Werbung und Produktangebote in der Opt-In-Aufforderung solltet ihr vermutlich eher verzichten, da sie euch als unerwünschte Werbung ausgelegt werden könnten. Die Texte auf euch und eure Branche zuzuschneiden, ist aber auch eine tolle Möglichkeit, euch vom Newsletter-Einheitsbrei abzuheben.
Entscheidet der Kunde sich, den Newsletter wieder abzubestellen, solltet ihr ihm das auch kurz per Mail bestätigen. In der dazugehörigen Mail könnt ihr ihm natürlich nochmal ein tolles Angebot machen, um ihn doch noch mal in den Shop zu locken. Ob es ein weiterer Gutschein für ein erneutes Abschließen eines Newsletter-Abos sein muss? Das kann sich für den Kunden auch aufdringlich anfühlen. Vielleicht macht ihr es lieber andersherum und bedankt euch mit einem Dankeschön-Rabatt oder ähnlichem für das in der Vergangenheit gezeigte Interesse, anstatt das Abbestellen allzu sehr zu bedauern. Schließlich ist eine saubere E-Mail-Datenbank für euch und eure E-Mail-Reputation viel wertvoller als hunderte von Abonnenten, die ihre Newsletter nie öffnen.
Übrigens: Auch individuelle Kundenservice-Mails könnt ihr mit Angeboten aufwerten. Vielleicht mit Links zu themenverwandten Artikeln aus eurem Blog? Oder – je nach Situation – mit einem Rabattcoupon, einem Gutschein für kostenlose Lieferung oder einem besonderen Gimmick als Dankeschön oder Entschuldigung? Eurer Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.
Bei aller Kreativität solltet ihr eines berücksichtigen: Eure Marketinginhalte dürfen nicht so gestaltet sein, dass der eigentliche Transaktions- bzw. Serviceinhalt in den Hintergrund tritt. Dann kann man sie als unzulässige Werbemails betrachten – und die sind, wie wir alle wissen, verboten.
Wenn ihr ein Tool wie nutzt, das persönliche und mit individuellen Bannern versehene Signaturen in euren Mails möglich macht, landen all eure Zusatzinfos und Angebote im Mail-Footer. Passt doch.
Original-Artikel vom 13.06.2018
Aktualisiert am 09.11.2022