Dr. Katja Flinzner
Wollt ihr mit eurem Shop auch über die Grenzen Deutschlands hinaus verkaufen? Dann solltet ihr euch in einem ersten Schritt Gedanken darüber machen, welche Märkte ihr angehen möchtet. Hier bekommt ihr aktuelle Zahlen und Fakten zu den größten und am weitesten entwickelten E-Commerce-Märkten in
Der europäische E-Commerce wächst und wächst unaufhaltsam. Im Jahr 2014 lag der B2C-Umsatz des E-Commerce im gesamteuropäischen Raum, einer Statistik von E-Commerce Europe zufolge, bei 423,8 Milliarden Euro. Auch wenn die Wachstumsraten im vergangenen Jahr noch höher waren, stieg er damit im Vergleich zum Vorjahr immer noch um satte 14,3 %.
Beinahe die Hälfte dieses Umsatzes (208,1 Milliarden Euro) wird in Westeuropa erwirtschaftet (darunter fasst E-Commerce Europe Großbritannien und Irland, Frankreich und die Benelux-Staaten).
Nachdem zuletzt noch Zentraleuropa (Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) in Sachen Wachstum vorne lag, nehmen die Länder Osteuropas inzwischen an Fahrt auf: Mit einer Steigerungsrate von 24,6 % lag das Wachstum in den osteuropäischen E-Commerce-Märkten weit über dem europäischen Durchschnitt an der Spitze.
Die Top-E-Commerce-Märkte in Europa sind seit vielen Jahren dieselben und sie lassen sich ihre Vorreiterrolle nicht wegnehmen: Großbritannien, Deutschland und Frankreich führen die Statistiken an und machen zusammen 60 % des europäischen Gesamtumsatzes im E-Commerce aus.
Nach wie vor stehen die Briten unangefochten an der Spitze dieses starken Trios: Mit gut 127 Milliarden Euro erwirtschaften sie dank eines bemerkenswert hohen Pro-Kopf-Umsatzes von über 3.000 Euro ganz alleine bereits 30 % des europäischen Online-B2C-Umsatzes.
Im führenden europäischen E-Commerce-Markt sind Internet und Online-Shopping inzwischen eine Selbstverständlichkeit: 86 % der britischen Haushalte verfügten 2015 dem Office for National Statistics zufolge über einen Internetzugang, 76 % aller Erwachsenen haben im selben Jahr auch online eingekauft.
Die mobile Nutzung nimmt dem Statistikinstitut zufolge immer mehr zu: 74 % aller Briten nutzen das Internet unterwegs mit Smartphone, Tablet o.ä. Dabei sind allerdings deutliche Altersunterschiede feststellbar: Während die Gruppe der 16- bis 24-Jährigen nahezu vollständig mobil surft (96 %), trifft dies nur für 29 % der über 65-Jährigen zu.
eMarketer zufolge lag der Mobile-Commerce-Umsatz 2014 bei 18 Milliarden Euro, für 2015 schätzen die Branchenbeobachter ihn bereits auf 25 Milliarden Euro. Das wäre ihrer Statistik zufolge genau ein Drittel des gesamten E-Commerce-Umsatzes, wobei sie dabei von einer anderen Zahlenbasis ausgehen als Ecommerce Europe, denn sie sehen den Gesamtumsatz im E-Commerce (Retail) im Jahr 2015 bei 75 Milliarden Euro.
Die Briten sind nach wie vor Kartenzahler – 75 % aller Online-Zahlungen werden, so die Zahlen von Payvision und Acapture, über Kredit- oder Debitkarten abgewickelt. PayPal holt allerdings kräftig auf und erreichte 2014 einen Anteil von 21 %.
Und was kaufen die Briten am liebsten online? Neben Flugtickets und Hotelbuchungen stehen Kleidung und Schuhe sowie Medien und Unterhaltungselektronik ganz oben auf der digitalen Einkaufsliste. Gefolgt von Lebensmitteln – der Online-Anteil am britischen Lebensmittelhandel ist vergleichsweise hoch und wächst stetig. 11 Mrd. Euro wurden laut IGD 2015 im E-Food-Sektor umgesetzt, das entspricht einem Anteil am gesamten Lebensmittelmarkt von immerhin 5 %.
Ein zentraler Wettbewerbsvorteil der britischen Online-Händler im grenzüberschreitenden E-Commerce ist die englische Sprache, die Großbritannien auch im internationalen Online-Handel zu einem zentralen Knotenpunkt werden lässt.
Als Händler mit Sitz in Deutschland habt ihr das dickste Stück des Kuchens schon genau vor der Nase: Mit 48,5 Millionen Online-Shoppern sitz rein mengenmäßig in Deutschland das europaweit größte Potenzial. Und auch die Internet-Versorgungsrate ist die höchste der Big Three: 86,2 % aller Deutschen haben einen Internetzugang. Bei einem Pro-Kopf-Umsatz von 1.468 Euro lagen die Umsätze im Online-Handel im Jahr 2014 bei gut 71 Mrd. Euro.
Was Mobile-Nutzung und –Umsatz angeht, platziert sich Deutschland genau zwischen Großbritannien und Frankreich: Mit einer Smartphone-Dichte von 65 % hat der Mobile Commerce in den vergangenen Jahren bemerkenswerte Wachstumsraten hingelegt und erreichte 2015 einen Umsatz von schätzungsweise 14,6 Milliarden Euro.
Nachdem die Zahlen im vergangenen Jahr noch ganz anders aussahen, hat auch die aktuellste Payvision-Studie die Beliebtheit der Rechnungszahlung in Deutschland erkannt: Knapp vor Online-Payment-Providern wie PayPal liegt sie nun auch dort an der Spitze der Käufergunst. EHI-Zahlen bestätigen diese Einschätzung: mit 28 % liegt die Rechnungszahlung in der EHI-Studie „Online-Payment 2015“ vorne, gefolgt allerdings zunächst von Lastschrift (21,8 %) und erst dann PayPal (20,2 %). Es scheint auch hier Bewegung zu sein: In der Studie Erfolgsfaktor Payment kam ibi research noch 2013 zu einem Wert von 45 % für Rechnungszahlung als die mit Abstand beliebteste Zahlungsmethode der deutschen Online-Shopper.
Stellt sich zum Schluss noch die Frage, was wir Deutschen am liebsten im Netz kaufen. Darin wenigstens sind sich die diversen Studien einig: Kleidung, Consumer Electronics sowie Bücher und Medien.
Nach Deutschland die Nummer 3 in Europa, mit einer Internet-Versorgungsrate von 84 %. Knapp 80 % aller Internetnutzer kaufen auch online ein, das macht 35,5 Millionen Online-Shopper. Der Pro-Kopf-Umsatz liegt dabei mit 1.600 Euro pro Jahr über dem deutschen Durchschnittswert, insgesamt erwirtschaftet der französische E-Commerce im Jahr 2014 einen Umsatz von 56,8 Milliarden Euro.
Auch in Frankreich nimmt die Mobile-Nutzung zu, liegt aber noch weit unter der Akzeptanz etwa in Großbritannien: Bei einer Smartphone-Dichte von 55 % wurden im Mobile Commerce 2014 ca. 3,7 Mrd. EUR umgesetzt. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch im Jahr zuvor.
Die Franzosen sind die Meister der Kartenzahlung: Nach wie vor werden etwa 51 % aller Online-Zahlungen mit Kredit- oder Debitkarten durchgeführt. Dabei geht nichts ohne die „Carte Bleue“, die mit einem Marktanteil von über 60 % den Kreditkartenmarkt dominiert. Online-Payment-Provider wie PayPal kommen immerhin auf einen Anteil von 16 % und belegen im Payment-Ranking Platz 2.
Führende Branche im französischen E-Commerce ist der Reise- und Touristiksektor, gefolgt von Dienstleistungen und Tickets/Veranstaltungen. Wie in Deutschland und Großbritannien auch, führen darüber hinaus Kleidung und Schuhe, Elektronikgeräte und Bücher die Branchenstatistiken an.
Die Zahlen zeigen: Auch die großen E-Commerce-Märkte wachsen noch, auch wenn die Erwartungen angesichts der schon recht hohen Sättigung langsam moderater und die Steigerungsraten naturgemäß etwas bescheidener werden.
Mit deutlich imposanteren Steigerungszahlen können die Märkte aufwarten, die in Sachen E-Commerce noch Nachholbedarf haben – zu denen kommen wir im nächsten Teil unseres aktualisierten Marktüberblicks…
Noch mehr Zahlen und Fakten zu den europäischen E-Commerce-Märkten findet ihr übrigens bei E-Commerce Europe, Acapture und The Paypers.
(Dieser Artikel wurde ursprünglich am 14. November 2014 publiziert. Dies ist eine aktualisierte Version aus dem Juni 2016.)